Folgender Gedichtzyklus ist im Mai 2022 in der Literaturzeitschrift orte (Heft Nr. 261) erschienen:



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Visionen im Rauch (oder: Was mir der Ruach offenbarte)

Gedichtzyklus


Inspiration I:

Ich rauche meine
Imkerpfeife und beruhige
Bienen. Der Rauch verfestigt sich.
Die Zeit steht still. Summa
summarum: Es
summt.

Plötzliche Aufruhr: Die
Bienen wuseln im Zwischenhirn.
Mandelpanik: Ich verberge mich im
Rauch. Gedankenpartikel verkleben meine
Lungenbläschen. Ein Hustenanfall unterbricht den
Gedankenstrom. Gedanken geraten aus ihrer Umlaufbahn.
Die Bienen summen in der Mandel. Sie haben den Text vergessen.


Interludium I:

Ringelreihe im Teilchenbeschleuniger:
Kinder kollidieren in Rutschbahnen.
Es gibt Russkuchen zum Dessert.

Ruach im Rauch: Anwesenheit
Gottes, Medium mit
wechselnden Vokalen.

Ballung der Russpartikel: Konzentration und
Kristallisation. In neuronalen Netzen sucht eine
Spinne Gedanken.

Kristallisierter Rauch. Ein
Gedanke hängt in der Luft. Ein
abgelehntes Rauchopfer zürnt einen
Bruder Hand an Hauch zu legen. Eine
Welt neigt sich dem Ende zu. Ein
Gott dampft aus seiner Nase.


Zwischenbemerkung I:

Gelbe Finger und Rauchopfer. Die
Zigarette ist meine Uhr. Ich rauche
Ziffern und Zeit.

Im Tabernakel:
Seraphim verhüllen sich. Ein Trishagion
erklingt. Rauch erfüllt das Heiligtum. Unreine
Lippen: die Angst steckt im Mandelkern, ein
Engel verbirgt sich bei den Bienen.

Weggeworfene Zigarette, ephemer, eine
kristallisierte Welt geht zu Grunde. Ich
zerfalle zu Asche.

Fliegergruss und Flugasche: Ikarus
verkohlt in der Atmosphäre. Die
Vergangenheit ist ein Feld voller
Reiher. Eine Fermate bleibt in
Rauchzeichen hängen: Einhalt.
Wohin flattert meine Braue?

Rauchopfer: ein
Atemzug Transzendenz.
Würzraub der Moderne. Der
Sirenengesang des Erhabenen
konzentriert sich im Glimmen der
Zigarette. Rauch steigt in den Himmel.

Ich verbrenne meine Sünden.
Höllengeld und Räucherstäbchen.
Cherubim rauchen auf der
Bundeslade.

Gekreisch aus dem
Rachen des Rauches. Meine
Augen sind traumvoll. Ein
Segen expandiert, bis er
explodiert.


Exspiration I:

Eine Honigmandel träumt von Bienen.
Gedankenpartikel in der Lunge.
Ich stolpere über Worte.
Meine Nase blutet.


Inspiration II:

Eine Metapher löst sich auf. Eine
Banane brutzelt. Das ergibt keinen
Sinn, riecht aber gut. Grütze in der
Pfütze. Kehle und Kelchaug.
Vermessen mit Löffeln statt
Gabeln. Eine Kontraktion
gebiert ein neues Wort:
Kehlchaug.

Die Naht der Nacht glimmt. Der Tag
verklingt. An Tischtüchern hängt
Tagewerk. Blut und Rauch in einem
zusammenklappbaren Brustkorb.


Interludium II:

Meerschaumpfeife: Das zeitoffene Spiel, mit
gezinkten Karten. Jenseits des Blickes:
Kains Früchte verrauchen unerhört.

Rauchsäule und Heugabel. Ein
Hauch weht und kehrt um:
Der Blutacker muss
besenrein sein.


Zwischenbemerkung II:

Die Reimkuh will Keimruh.
Ich will Rauch in der Lunge.

Ich messe dem Rauch Bedeutung zu.
Dies irae: Ich grabe um mein Leben. Der
Rauch steigt. Eine Fadenseele sucht ihr Öhr.
Augenringe schweben um meine gelben
Finger. Eine Wimper sticht den Rauch tot.


Exspiration II:

Ein Rabe krächzt und stammelt: Die
Sprachwunde ist ein offener Schorf.
Rekursive Gedanken: Rauch und
Schmerz spiegeln sich unendlich.

Rauchende Schlote: Noch gibt es
Lieder zu singen. Noch habe ich
Hoffnung. Noch kann ich
durchröchelt stammeln.

Die Weisheit torkelt trunken ins Bett.
Sie träumt von einem Weg, der ins
Nichts führt: Ins

Ni-
ni-
ni…

Gibt es sonst noch was zu
stammeln?



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Im Jahr 2020 konnte ich beim MÄD BOOK VERLAG einen Gedichtband publizieren.
Eine Vorschau gibt es hier.
Der Gedichtband kann für 26 Franken (Versand inklusive) bei mir per Mail bestellt werden.
Es folgt eine Auswahl von Gedichten aus dem Gedichtband:



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Popcorn und Schokodrinks,
Schallplatten mit Märchen,
klackernde Stricknadeln.
Grossmutter flickt
Erinnerungen.

Wir sammeln Boviste im
Bremgartenwald,
Aschenvulkane.

Heute betrachte ich ihre
Urne und den
vergessenzerfressenen
Trauerflor.



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Kälteeinbruch Vergangenheit.
Raureif bildet sich am
Hirnstamm.
Duftbruch und Schrunde
in der Hirnrinde.



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Ein Narr steht vor dem
Abgrund des
Schweigens, schreit
Worte hinunter

und

wartet auf Ant-



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Wüste,
Sanddünen,
sandgewaschen,
tumblertrocken,
zerknittert.

Falten umgarnen meine
Waschmaschinenaugen
drehen und drehen und
drehen.

Es bebt in der
Bildebene.



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Mäuse wittern das
Morgengrauen. Tauben
plustern sich auf und
nicken nervös. Im
Dämmer träumen
Elefanten von grauer
Rinde. Der Wohlklang
verneigt sich und
tritt ab.



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Sanguine Pinguine,
modernde Sonne,
wandelnde Sinne,
mangelnde Wonne.

Trompetentraum:
frustrierte Frackträger
prügeln sich.



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Genähte Rosenquarks,
Gesprächsschlaufen über
Urimpressionen, mantramässig
wiederholt:

Blutgrätsche ins
Gesicht.



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Falbes Mondlicht,
schimmlig.
Flut, Schaumpferde,
gramgenüstert.
Stop horsing around!



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Interstellare Gasverdichtung
ein Stern gebiert
desaströs.

Was ist Dichtung?

Glasdichtung,
schallmauerfest?
Wer kennt eine gute
Gebäudeversicherung?

Das ist Dichtung!



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Melancholie ausgebrannter
Himmelskörper, Hokuspokus
Hirnlampenfokus.
Götterfunken und ein
Angstspagat.
Sterne bunkern
Gram in Parzellen.



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Glimmnester:
Explosionen jagen
Raben himmelwärts.
Boviste platzen energisch.
Staub und Sporen in meinen
Augen.



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Brennende Farne.
In der Ferne glimmt es.
Trinke ich Wermut oder
sterbe ich einsam?
Kreideweisse Finger:
Oh, Psyche aus Porzellan, wie
zerbrechlich du bist.



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Posaune der Sprachlosigkeit:
Deine Töne irren gleitend,
girren leitend.

Lichthand im Sprachfluss:
Ich stecke meine Finger in eine
Steckdose.



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